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Bayerisches Staatsministerium fur Landesentwicklun

Autor(a) de Verfassungsschutzbericht Bayern 2008

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Liebe Bürgerinnen und Bürger, im vergangenen Jahr starben drei Menschen durch die Hand rechtsextremistisch motivierter Attentäter. Im Juni wurde der Regierungspräsident von Kassel vor seinem Haus aus nächster Nähe erschossen. Nach den bisherigen Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden löste das Bekenntnis des Regierungspräsidenten zum Schutz der zu uns geflüchteten Menschen die fremdenfeindlich motivierte Hasstat aus. Nur vier Monate später versuchte ein ebenfalls rechtsextremistisch motivierter Täter in Halle unter jüdischen Gläubigen während des Gottesdienstes ein Massaker anzurichten. Als die Tat an den Sicherheitsvorkehrungen der Synagoge scheiterte, richtete er zwei Menschen, die sich zufällig in der Nähe des Tatortes aufhielten, regelrecht hin und verletzte auf der Flucht weitere Menschen zum Teil schwer. Das zeitgleich im Internet veröffentlichte "Manifest" des Täters ist eine üble Mixtur aus antisemitischen Verschwörungstheorien sowie Frauen- und Muslimfeindlichkeit. Ende Februar diesen Jahres eröffnete ein Einzeltäter in Hanau auf offener Straße das Feuer und tötete neun willkürlich ausgewählte Opfer und ein Familienmitglied. Diese Mordanschläge stellen ein zivilisatorischen Bruch dar, wie er seit dem Ende des NSU nicht mehr vorgekommen ist. Die Täter haben ihre hasserfüllte Ideologie über den rechtsstaatlichen Grundkonsens der Unantastbarkeit der Menschenwürde und über das Recht auf Leben gestellt. Der Täter von Halle hatte in Nachahmung US-amerikanischer Attentäter seine Tat live ins Internet übertragen. Diesem Tätertypus geht es nicht nur darum, seiner Ideologie ein mörderisches Fanal zu setzen, er will dabei möglichst weltweit gesehen und zur Inspiration für Nachahmer werden. Die Täter zielen dabei insbesondere auf jene Internetforen, in denen sich Gleichgesinnte mit immer aggressiver werdender Hetze gegenseitig aufstacheln. Für die Sicherheitsbehörden wird es daher immer wichtiger, diese Hassforen stärker aufzuklären und radikalisierte Einzeltäter oder Kleinstgruppen so früh wie möglich zu identifizieren, bevor sie ihre Gewaltphantasien in die Tat umsetzen. Im Bereich der Vorfeldaufklärung kommt dem Verfassungsschutz eine besondere Bedeutung zu. Während die Taten von Rechtsextremisten in der Öffentlichkeit zu Recht Abscheu hervorrufen, herrscht bei Gewaltausbrüchen von Linksextremisten eine eigentümliche Zurückhaltung. Gewalttätige Übergriffe von Linksextremisten werden nicht gleichermaßen als das wahrgenommen, was sie sind, eine Kampfansage an den Staat, jeden Andersdenkenden oder sonst in der Szene unliebsame Personen und die Demokratie an sich. In Teilen der Öffentlichkeit gehört es mittlerweile zum guten Ton, linksextremistische Gewaltausbrüche als "zivilen Ungehorsam" gegen einen angeblichen Repressionsstaat zu verharmlosen. Eskalationen im Rahmen von Veranstaltungen werden nicht der Strategie der Linksextremisten, sondern der Einsatzleitung oder schlicht der Polizeipräsenz zugeschrieben. Einige der Relativierer negieren das Gewaltmonopol des Staates und wollen der Polizei die Gewährleistung der Inneren Sicherheit aus den Händen nehmen. Im Klartext bedeutet dies, dass nicht-staatliche Instanzen z.B. nach eigenem Gutdünken entscheiden sollen, wer sich wann gefahrlos in einem Stadtteil bewegen darf und wer nicht. In einer Demokratie ist aber kein Platz für "No-go-Areas", jeder Bürger hat das Recht, sich zu jedem Zeitpunkt an jedem öffentlichen Ort aufhalten zu dürfen, unabhängig von seinem Aussehen, Geschlecht, Alter, Religionszugehörigkeit, politischer Einstellung oder Beruf. Der Staat kann nicht auf der einen Seite konsequent die Präsenz rechtsextremistischer Bürgerwehren unterbinden und auf der anderen Seite tatenlos zusehen, wenn Linksextremisten Räume besetzen, die sich jeder rechtsstaatlichen Regelung entziehen. Unsere Demokratie lebt von Regeln und von dem Vertrauen darauf, dass sich alle gesellschaftlichen Akteure an diese Regeln halten. Deshalb sendet das Messen mit zweierlei Maß ein fatales Signal in unsere Gesellschaft. In einer Demokratie ist weder Platz für eine offene noch für eine stillschweigende Billigung von Gewalt von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung, Das Gebot des Gewaltverzichts ist für unsere Demokratie bestimmend, kein noch so "hehrer Zweck" rechtfertigt ein Abweichen hiervon. Sicher: unsere Demokratie steht vielfältigen Problemstellungen gegenüber, die gesellschaftspolitisch kontrovers diskutiert werden und auch diskutiert werden müssen. An die Stelle eines Austauschs sachlicher Argumente tritt jedoch allzu oft die als absolut gestellte eigene Meinung und die Abwertung anderer Meinungen als minderwertig. Diese Verrohung der Sprache ist insbesondere in den sozialen Medien zu beobachten, wo nahezu jede Form der Beleidigung zu finden ist, bis hin zur strafrechtlich relevanten Hetze. Von der verbalen Attacke bis zum tätlichen Angriff ist es dann leider nur noch ein kleiner Schritt. Ein Blick über die Grenzen Deutschlands zeigt, wohin Staaten driften, in denen Gewalt zur Durchsetzung der eigenen Interessen an der Tagesordnung ist. Es ist daher an der Zeit, öffentlich stärker für das einzutreten, was unsere Demokratie wesentlich prägt: Die Achtung der Menschenwürde und der Schutz des Lebens jedes Einzelnen, die freie Rede und der Verzicht auf Gewalt zur Durchsetzung gesellschaftlicher oder politischer Ziele. (Joachim Herrmann, Staatsminister)

Liebe Bürgerinnen und Bürger, 2019 war das Jahr eines bedeutungsvollen Doppeljubiläums: Am 23. Mai wurde das Grundgesetz 70 Jahre alt. Ein ehrwürdiger, ein freudiger Anlass, der zu Recht mit zahlreichen Festakten und Veranstaltungen landesweit gewürdigt wurde. Am 31. Juli gedachten wir zudem des 100. Jahrestages der Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung und damit der Geburtsstunde der ersten deutschen Demokratie. Wir können heute mit Stolz auf diese wichtigen Marksteine unserer Verfassungsgeschichte zurückblicken und Dankbarkeit empfinden für das Maß an Freiheit und Demokratie, an Sicherheit und Wohlstand, welches den Menschen in unserem Land durch das Grundgesetz schließlich zuteil wurde. Zu unserer aufgeklärten deutschen Erinnerungskultur gehört es jedoch auch, uns in diesen Momenten der Freude und Dankbarkeit stets auch das Grauen der menschenverachtenden NS-Diktatur zu vergegenwärtigen, die wie ein dunkles Band die Schicksale beider deutscher Demokratien miteinander verbindet. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 besiegelte das Ende und damit auch das Scheitern der Weimarer Republik und läutete "die deutsche Katastrophe" ein, jene leidvollen Jahre, die geprägt waren von Diktatur, Krieg und dem Abgrund der Shoa. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hatten den Zivilisationsbruch der nationalsozialistischen Diktatur als auch die Umstände des Scheiterns der Weimarer Republik klar und schmerzhaft vor Augen, als sie sich im Parlamentarischen Rat anschickten, eine neue staatliche Ordnung ins Leben zu rufen, die dauerhaft Demokratie und Freiheit schaffen und wahren sollte. Zu den vielen bemerkenswerten Merkmalen bundesdeutscher Verfassungsstaatlichkeit gehören seither insbesondere die hervorgehobene Stellung der Menschenwürde sowie das Prinzip der sogenannten "wehrhaften Demokratie", das es dem freiheitlichen-demokratischen Staat nicht nur erlaubt, sondern ihn dazu verpflichtet, sich gegen seine Feinde zu wehren. Wenn heute ein bekannter Rechtsextremist die KZ-Gedenkstätte Dachau als Kulisse für seine menschenverachtende Agitation missbraucht und versucht, diese online zu verbreiten, wenn Rechtsextremisten weiterhin völkische und kollektivistische Ideale propagieren und mit ihrer gegen die Menschenwürde gerichteten Agitation versuchen, in die Stadt- und Gemeinderäte sowie in die Parlamente vorzudringen, wenn Linksextremisten unter dem Deckmantel bürgerlich anschlussfähiger Themen versuchen, ihre Gewalt- und Feindbildideologien zu legitimieren, wenn Islamisten sich bemühen, gesellschaftliche Konflikte zu schüren und Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen gegeneinander auszuspielen und wenn extremistische Gewalt schließlich auch Menschenleben bedroht oder auslöscht, dann es dies: Feinde von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit existieren nach wie vor. Ihre Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlche-demokratische Grundordnung richten, stellen auch nach über 70 Jahren Grundgesetz eine anhaltende Bedrohung dar. Eine Bedrohung, die heute unter den Bedingungen der Digitalisierung möglicherweise sogar vielseitiger und staats- und demokratiegefährdender denn je ist. Die gültige Verfassung des Freistaates Bayern trat bereits am 8.Dezember 1946 in Kraft. In ihrer Präambel hebt sie das "Trümmerfeld" hervor, zu dem eine "Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Achtung der Würde des Menschen" geführt hatte. Mit dieser kraftvollen Formulierung verweist die bayerische Verfassung nicht nur auf den tatsächlichen Zustand der zerstörten deutschen und bayerischen Städte zum Ende des Zweiten Weltkrieges, sondern auch auf das geistig-moralische Trümmerfeld des Nationalsozialismus. Das Bild des "Trümmerfeldes" sollte uns nach wie vor Anlass zum demutsvollen Erinnern als auch zum entschlossenen Entreten für unsere freiheitliche-demokratische Verfassungsordnung sein. München, im April 2020 (Dr. Burkhard Körner, Präsident des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz)
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Marcado
Aficionado | Jun 14, 2020 |
Lieber Bürgerinnen und Bürger, in unserem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat nimmt der Schutz der Bürger- und Menschenrechte einen hohen Stellenwert ein. Die Würde des einzelnen Menschen und die garantierten Freiheitsrechte stehen im Mittelpunkt unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, auf ihren Schutz ist der Staat mit seinen Institutionen verpflichtet. Es ist kein Zufall, dass das Grundgesetz die in Art. 1 verankerte Unantastbarkeit der Menschenwürde als Basis unseres Rechtsstaats allen anderen grundrechtlichen Garantien voranstellt. Mit Art. 1 macht das Grundgesetz unmissverständlich die grundlegende Abkehr von jeder Form der Willkürherrschaft oder des Totalitarismus deutlich. Das uneingeschränkte Bekenntnis zur Menschenwürde ist die unverrückbare Basis der im Grundgesetz gewährten Grund- und Freiheitsrechte. Die Grund- und Freiheitsrechte können ihre volle Wirkung als Kernbestandteile unserer Demokratie jedoch nur entfalten, wenn sie von den Bürgern und Bürgerinnen auch selbstbewusst gelebt werden. Mit der Freiheit des Einzelnen ist daher untrennbar auch die Übernahme der Verantwortung für das eigene Leben verbunden. Dabei schützt und unterstützt der Staat, wo Hilfe notwendig ist, respektiert aber im Übrigen die verschiedenen Lebensentwürfe seiner Bürger. Das Welt- und Menschenbild von Extremisten ist demgegenüber ein völlig anderes. In den von ihnen angestrebten "Führer" - oder Gottesstaaten, kommunistischen Kollektiven oder anarchistischen Gesellschaften ist weder Platz für die Anerkennung der individuellen Freiheitsrechte noch für die Demokratie an sich. Der Großteil der Bevölkerung ist sich der Gefahren, die von extremistischen Gruppierungen ausgehen, durchaus bewusst und weist diese, soweit sie offen im gesellschaftlichen Diskurs ihre Ideologien verbreiten, selbstbewußt zurück. Dies ist nicht zuletzt ein Verdienst der jahrelangen Aufklärungs- und Informationsarbeit der Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern. Dennoch ist nicht zu leugnen, dass stellenweise eine Entfremdung von den Grundwerten der Demokratie beziehungsweise vom demokratischen System an sich stattfindet, die Extremisten für sich zu nutzen suchen. Diese Entwicklung muss von der Politik als Warnzeichen ernst genommen werden. Die Komplexität und die vielfältigen Verflechtungen in einer globalisierten Welt stellen an das verantwortliche Handeln des Einzelnen viel höhere Anforderungen, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Dies kann zu einem Gefühl der Orientierungs- und Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins an ein undurchschaubares "System" führen. Gleichzeitig sieht sich ein Teil der Bevölkerung mit seinen Sorgen und Bedürfnissen von der "grossen Politik" nicht mehr verstanden oder hat den Eindruck, dass sich die Politik nur noch um die Belange der "Eliten" kümmere und die Mechanismen der Demokratie - scheinbar - zur konkreten Problemlösung vor Ort nichts beitragen können. Eine solche Entwicklung birgt die Gefahr in sich, dass die Demokratie insgesamt und die Freiheit, die sie dem Einzelnen bietet, gering geschätzt werden und sich Menschen, die sich vom demokratischen Staat abgehängt fühlen, ihrerseits hinsichtlich ihrer Einstellung der Demokratie gegenüber "entkoppeln". Diese Sprachlosigkeit zwischen den vielzitierten "Eliten" und dem "kleinen Mann" machen sich verschiedenste Gruppierungen und Parteien zunutze. In einer vereinfachten Weltsicht suggerieren sie, dass nur sie in der Lage beziehungsweise bereit sind, die Sorgen der Bevölkerung zu erkennen und zu lösen, passen sich also punktgenau an die Erwartungen der von der Demokratie Enttäuschten an. Das Versprechen, den Menschen mit vermeintlich einfachen Lösungen wieder die Handlungshoheit über ihr Leben zu geben, ist für Extremisten ein Vehikel, um ihre Ideologie Stück für Stück, schleichend in die Meinungsbildung einsickern zu lassen und die Demokratie in Misskredit zu bringen. Dabei setzen sie oftmals bei Themen an, die auf den ersten Blick nicht unmittelbar mit Extremismus in Verbindung gebracht und zugleich in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden. Sie verschieben dabei die Grenze des Denk- und Sagbaren mit dem Ziel, die Akzeptanz für ihre extremistischen Forderungen zu erhöhen. Sie verschleiern dabei natürlich die Tatsache, dass in einem Staat nach ihren Vorstellungen kein Platz ist für individuelle Entfaltung, eigene Meinungen oder die Rechte von Minderheiten. Die Bedeutung der modernen Medien und der sozialen Netzwerke für diese Entwicklung darf dabei nicht unterschätzt werden, treffen doch in ihnen Nichtextremisten und Extremisten - Letztere nicht ohne weiteres erkennbar - aufeinander. Die sozialen Netzwerke begünstigen dabei die Herausbildung von Echokammern, in denen sich Gleichgesinnte, auch solche mit verfassungsfeindlicher Gesinnung, zusammenfinden. Der stetige Austausch mit Gleichgesinnten kann den Eindruck erzeugen, die (schweigende) Mehrheit der Bevölkerung teile die eigenen Ansichten. Im Extremfall kann dies z.B. dazu führen, dass Täter aus der rechtsextremistischen oder dieser nahestehenden Szene glauben, einen vermeintlichen Mehrheitswillen zu vollstrecken, indem sie grundlos Menschen aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Sprache oder Religion diffamieren oder angreifen. Die zunehmend offensiver werdende Agitation von Linksextremisten gegen den Rechtsstaat, seine Gesetze und Organe verleitet manche zu Gewaltanwendung gegen staatliche Repräsentanten, wenn diese rechtmäßige Handlungen, wie z.B. Abschiebungen oder Personenkontrollen vollziehen. Aufgabe des Verfassungsschutzes als echtes Frühwarnsystem der Demokratie ist es, Politik und Öffentlichkeit über die Versuche von Extremisten, auf die Meinungsbildung Einfluss zu nehmen, zu informieren und auf Gefahren hinzuweisen, die sich daraus ergeben können. Den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz und ihrem Präsidenten gebührt für ihren engagierten Einsatz für die Grundwerte unserer Demokratie unser Respekt und unsere Anerkennung. ( Joachim Herrmann - Staatsminister / Gerhard Eck - Staatssekretär)

Liebe Bürgerinnen und Bürger,
soziale Medien verbinden weltweit Millionen Menschen miteinander. Sie eröffnen aber auch Extremisten neue Chancen, ihre extremistischen Angebote auf dem Markt der Meinungen anschlussfähiger zu machen, Anhänger und Sympathisanten zu rekrutieren und sich untereinander zu vernetzen. Die Anonymität im Internet führt teilweise dazu, dass eine Entgrenzung der Sprache Einzug hält und Hetze und Hass zunehmen. Genau diese Anschlussfähigkeit ist es, worauf neuere rechtsextremistische Gruppierungen wie die "Identitäre Bewegung" (IB) abzielen. Während es beispielsweise der neonazistischen Partei "Der dritte Weg" vor allem um eine Art "Reinheit der Lehre" geht - also darum, das völkisch-nationalsozialistische Gedankengut zu pflegen und konsequent zu vertreten - verpacken die Identitären ihre verfassungsfeindliche Ideologie in eine neue Sprache und vermitteln sie mit ungewöhnlichen, modernen Aktionen. Dadurch wollen sie unter der gegen Rechtsextremismus errichteten gesellschaftlichen Schwelle durchschlüpfen. Ihre Wirkmacht entsteht dabei nicht vorrangig durch die Aktionen selbst, sondern durch deren mediale Vermarktung. Anschlussfähigkeit ist auch ein zentraler Aspekt bei der Nutzung sozialer Medien durch Linksextremisten. Sie begleiten demokratische Initiativen und Kampagnen gegen Rechtsextremismus, Militarismus und Gentrifizierung und zielen darauf ab, diese Begrifflichkeiten umzudefinieren und sich als sozialpolitische Akteure zu profilieren. Im Zusammenhang mit dem Themenfeld Anti-Gentrifizierung gehen Linksextremisten gewaltsam gegen die von ihnen definierten "Mitverantwortlichen" der Gentrifizierung vor, z.B. gegen Immoblilienfirmen. Jihadistische Propaganda ist auf die - meist jungen - Zielgruppen zugeschnitten und nutzt die niedrigschwelligen Zugangsmöglichkeiten sozialer Medien. 2018 war dabei zu beobachten, dass die "Öffentlichkeitsarbeit" jihadistischer Organisationen, z.B. des "Islamischen Staates" (IS) dezentraler wurde und zunehmend auf inoffizielle Medienkanäle zur Verbreitung ihrer Propaganda setzte. Über Messengerdienste können längerfristige Kommunikationsstrukturen aufgebaut werden, um Anhänger zu rekrutieren, zu radikalisieren und sie bei Anschlägen anzuleiten. Über alle geschilderten Phänome hinweg gilt jedoch: In geschlossenen virtuellen Zirkeln können Feindbilder entstehen und sich verfestigen. Diese können Radikalisierungsverläufe auslösen oder gar beschleunigen. In der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter wird besonders deutlich, wie wichtig der Austausch in der digitalen Welt für die Anhänger dieser Ideologie ist. Hier können sie sich gegenseitig darin bestätigen, dass ein vermeintliches Unternehmen "BRD-GmbH" existiere oder eine angebliche "Reichsverfassung", beispielsweise von 1871 oder 1913, fortgelte. Gefährlich wird es vor allem dann, wenn die Hemmschwelle sinkt, Gewalt gegen Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland einzusetzen. Der Verfassungsschutz hat die Aufgabe, Extremisten und ihre Ideologien zu identifizieren, zu demaskieren und sie als das darzustellen, was sie sind: Verfassungsfeinde, die unseren Staat in Gefahr bringen und darauf abzielen, die Fundamente unserer Demokratie und unserer Gesellschaft zu untergraben und damit anzugreifen. Im Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz haben wir auf die neuen Herausforderungen reagiert, indem wir die Ermittlungsarbeit im Internet weiter verstärkt sowie unsere Aufklärungs- und Präventionsarbeit im Rahmen von Filmen, Vorträgen und Berichten kontinuierlich ausgebaut und an ein verändertes Mediennutzungsverhalten angepaßt haben. Die große Aufgabe, in den sozialen Medien auf Hassreden, Aggression und Diffamierungskampagnen zu reagieren, kann der Verfassungsschutz freilich nicht alleine leisten. Neben den Sicherheitsbehörden und den Plattformbetreibern ist jeder Einzelne gefragt, genau hinzuschauen, sich damit auseinanderzusetzen und gegen Hass, Hetze und Verleumdung klar Stellung zu nehmen. Wir dürfen die Debatten im Netz nicht den Extremisten überlassen. (München, im Mai 2019, Dr. Burkhard Körner, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz)
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Marcado
Aficionado | Aug 26, 2019 |

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